Fast vier Monate sind seit meiner OP nun vergangen und ich wollte euch erzählen, was in der Zeit passiert ist und wie es mir geht. 😊
Doch fangen wir einfach mal ganz vorne an:
Es ist der 20.6.2019, sehr früh am Morgen. Mein Vater und ich sitzen im Auto und haben ein Ziel: Eine Klinik irgendwo in Hamburg. Am nächsten Tag steht dort nämlich die Derotationsosteotomie meines linken Oberschenkelknochens an, um die zu starke Innenrotation des Beines zu korrigieren. Ich bin trotz der Tatsache, dass die OP zum dritten Mal an mir durchgeführt wird, nervös, auch wenn ich mir das nicht anmerken lassen will. Nebenbei twittere ich munter drauf los und amüsiere mich minimal über den Fakt, dass mein Vater geblitzt wurde, weil er deutlich zu schnell fuhr. 😅 Ich freue mich zudem schon sehr darauf, die Lieblingsärztin wiederzusehen und entspanne mich dann doch schnurstracks bei dem Gedanken an die OP, weil ich realisiere, dass sie operiert und mir demnach nicht wirklich was passieren kann. (So eine Vertrauensbasis muss mensch bei mir erstmal erreichen…😅)
Und nach dreieinhalb Stunden des Denkens und Twitterns erreichen wir den Zielort. Ab da geht auch alles recht schnell: Aufnahme, Narkose-Vorgespräch (hab‘ 90 Minuten drauf gewartet, bevor es auf Station ging 😅), Blutabnahme, Röntgen. Und dann kommt der Auftritt der Lieblingsärztin – jedoch muss die besagte Lieblingsärztin erstmal zu der komplett übermüdeten Wheelie durchdringen, die z.B. erst bei der zweiten Nachfrage, wann genau eigentlich der 18. Geburtstag war, reagiert. Kurzum – ich bin echt daneben, aber das tut der Laune keinen Abbruch. Denn nach der klinischen Untersuchung, die ein unverändertes Bild zu der im Februar zeigt, erklärt sie mir, dass ich ungefähr 2 Wochen bleiben muss und dass mich doch häuslich einrichten solle – mit der halben Bibliothek und dem halben Kleiderschrank im Gepäck stellt das kein Problem dar. 😉 Kurz darauf verabschiedet sie sich und ich verbringe den Rest des Tages damit, mich an meinen neuen Freund, das Bett, zu gewöhnen – denn das Bett wird in der ersten Zeit nach der OP einer meiner liebsten Orte werden. 😄
Am nächsten Morgen, kurz vor 6:00 Uhr, werde ich geweckt – ich bin die Erste auf dem OP-Plan und soll mich soweit bereit machen. Im Rekordtempo habe ich die Morgentoilette hinter mich gebracht und mein kuscheliges Nachthemd gegen die schicken Sachen aus der neuen OP-Kollektion für Patient*innen ausgetauscht 😉 – da erfahre ich, dass ich doch erst als Zweite in den OP soll. Ist okay, heißt aber auch: Durstgefühl aushalten. 😑 Mit etwas Ablenkung geht es aber. Und als dann in der Zwischenzeit auch noch die Gipsabdrücke für die neuen Orthesen angefertigt werden, vergeht die Zeit sehr schnell. 😄 (So musste ich nicht viel über die Dauer bis zur OP nachdenken. 😅)
Um 09:30 Uhr ist es dann soweit: Mit dem Wirkstoff der „Ist mir sooooooo egal“-Tablette intus geht’s los. Recht schnell – nachdem ich dem Anästhesisten mein Wissen über die OP um die Ohren haue und genaustens wissen will, was mir da in die Blutbahn gejagt wird (ja, ich bin vor OP’s echt schlimm, falls ihr euch das fragt 😅) – bin ich dann auch ins Land der Träume versetzt und die Orthopäd*innen können ihr Werk verrichten.
Ungefähr 13:00 Uhr. Ich wache auf. Ohne Schmerzen. Mich irritiert nur der Abduktionskeil zwischen meinen Beinen, aber ich bin ja auch noch nicht ganz da. Dann wird mir sehr schlecht, weshalb ich die Kopfstütze meines Bettes nach oben jage, um mir die Nierenschale in meiner Greifnähe zu angeln. Doch genau so schnell, wie ich die Kopfstütze hochgefahren hatte, ist sie plötzlich wieder unten – der Anästhesiepfleger hat das Spektakel gesehen und muss einschreiten, da meine Hüfte nicht weiter als 70° gebeugt werden darf. Upps…aber so kann ich wenigstens sagen, dass mir speiübel ist. Und relativ fix bekomme ich dann meine Erlösung i.V. – Vomex! 😍
Kurz nach diesem Ereignis darf ich dann auch wieder auf Station und die erste Person, die ich dort wirklich wahrnehme, ist die Lieblingsärztin, die in meinem Zimmer steht und mich lächelnd fragt, wie es mir geht, während ich wieder auf meinen Platz manövriert werde. Wäre ich bei vollem Bewusstsein und könnte mein schlagfertiges (…und manchmal etwas übermütiges und vorlautes…😅) Mundwerk komplett nutzen, würde ich sagen: „Dafür, dass mir gerade der linke Oberschenkelknochen durchgesägt und gedreht wurde und ich fast in den Aufwachraum gekotzt hätte – blendend! 😊“…aber das ist ja nicht der Fall, weshalb ich nur ein „Gut. 😴“ hervorbringe und versuche, mir ein Lächeln abzuringen. (Wahrscheinlich sah ich dadurch noch benebelter aus, als ich es ohnehin schon war. 😂) Kurz darauf fragt die Lieblingsärztin mich dann, ob sie sich das Bein anschauen könne und sagt danach: „Das brauchst du wohl nicht mehr!“ – damit gemeint war der Abduktionskeil zwischen meinen Beinen, der dann auch kurzerhand entfernt wird. Als mein linkes Bein dann aber nach außen (NACH AUßEN! AUßEN! 🎉🎉🎉) fällt, wird schnell mit Sandsäckchen stabilisiert, weil ich noch zu weit weg bin, um selbst dagegen zu steuern. So weit, so gut – eigentlich ist nun alles in Butter. Eigentlich. Denn Wheelie wäre nicht Wheelie, wenn sie nicht nach dem OP-Ablauf fragen würde – doch die Lieblingsärztin winkt ab, weil ich noch zu benebelt sei. Und Widerrede ist zwecklos, auch weil ich weiß, dass sie recht hat. 😅 Also schlafe ich lieber meinen Rausch aus…😊
Nachdem die Drogen den Weg aus meiner Blutbahn gefunden haben, geht in den darauffolgenden Tagen alles relativ schnell: An Tag 1 nach der OP stehe ich wieder, an Tag 3 mache ich die ersten Schritte mit 15 kg Teilbelastung und fange wenig später an, am Walker und in Begleitung des klinikeigenen Berufssadisten (der für die lustigsten Therapieeinheiten aller Zeiten gesorgt hat, auch wenn ich ihn gelegentlich angefaucht habe 😅😂) über die Station zu laufen, wenn auch langsam.
Trotz der schnellen Fortschritte, bleibe ich aber recht immobil. Mein Entlassungstermin verschiebt sich immer wieder weiter nach hinten, Versuche, meinen Rehabeginn vorzuziehen, scheitern – sodass mir die Klinik für die Zeit bis zum Rehabeginn einen Pflegedienst organisiert und der Entlassung aus der „Casa Klinik“, wie ich sie irgendwann ironisch nenne, nichts mehr im Weg steht.
So weit, so gut – die Sachen werden gepackt, der Transport, zu den Menschen, die mich für die paar Tage bis zum Rehastart aufnehmen, da ein 400-km-Transport problematisch geworden wäre, bestellt. Da kommt am Morgen der Entlassung die für mich zuständige Stationsärztin in mein Zimmer. „Die Rehaklinik hat sich gemeldet – sie haben nun doch einen Platz für dich frei. Du könntest also heute schon dorthin.“ Sie ist genauso perplex wie ich – im Gegensatz zu ihr, die ruhig bleibt, fange ich aber an, hysterisch zu lachen, weil ich es nicht ganz fassen kann. 😅 Sie gibt mir Zeit, darüber nachzudenken, schließlich wäre das auch mit viel Stress verbunden: Ich müsste den Pflegedienst wieder abbestellen, die Krankenkasse darüber informieren, würde früher abtransportiert werden und dazu müssten die mich aufnehmenden Menschen ebenfalls über die Änderungen in Kenntnis gesetzt werden.
Meine Entscheidung steht dennoch relativ schnell: Ich will die Reha beginnen, auch, um bald auf ein „Läuft (bei dir).“ der Lieblingsärztin eine andere Antwort geben zu können als „Ja, nur ich lauf‘ halt noch nicht.“ 😉 – und so lasse ich mich direkt in die andere Klinik verlegen. Die Klinik, in der ich auch schon nach den letzten Operationen meine Rehas machte, die Klinik, die an der Klinik ihre Zweigstelle hat, in der ich bis zum Wechsel der Lieblingsärztin behandelt wurde – also an sich kein fremder Ort, nur ist halt die Lieblingsärztin nicht mehr da. Daran muss ich mich wohl gewöhnen.
Das tue ich auch – und beginne mit voller Kraft die Rehabilitation. Und doch geht es nur schleppend voran – mein Körper will nicht so wie ich, macht Probleme, ich habe Schmerzen. Sehr schön…nicht. Vorallem auch nicht, wenn sich bezüglich der Schmerzen der Mund vor dem Chefarzt fusselig geredet wird, er das auf den Knochen schiebt, während ich mir sicher bin, dass es der nicht ist – und im Recht bin, was die, nach extremen Nervens meinerseits, vom Stationsarzt veranlassten Untersuchungen mit dem Ergebnis eines verrutschten Hämatoms zeigen. Aber trotz der Diagnose und einer Behandlung mit Schmerzmitteln macht mein Körper nur schlecht mit – sodass ich nach 7 Wochen Reha mit geringfügigen Fortschritten entlassen werde. Die Therapeuten haben ihr Bestes gegeben und doch muss ich vieles zu Hause wieder aufbauen, weil ich nicht noch länger bleiben konnte.
Wieder in der Heimat, kommen die Schmerzen verändert zurück, Belastung ist nur schlecht möglich. Also schaut sich zwei Wochen später die Lieblingsärztin das Problem an – sie findet aber keine Ursache, die was anderes als Belastungsschmerz als Diagnose hervorbringen würde und entlässt mich mit dem Hinweis auf Schmerzmittelaustausch und Muskelkräftigung. Gesagt, getan – voller Erwartung schlucke ich ein neues Schmerzmedikament und lasse mich von meinem neuen Physioterroristen gut quälen.
Kurz darauf sind dann auch Ergebnisse erkennbar: Ich belaste mein linkes Bein wieder mehr und bin schmerzfrei. Jeden Tag geht’s ein kleines bisschen mehr vorwärts – und das wunderbare OP-Ergebnis, ein nach vorne zeigendes Bein, wird immer sichtbarer.
Alles in allem hat sich die OP echt gelohnt, auch wenn die Phase der Herstellung des gewünschten Zustandes etwas länger dauert. Dafür habe ich jetzt aber ein nicht mehr nach innen gedrehtes Bein und könnte nicht glücklicher darüber sein. 😊
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So, das war’s im Großen und Ganzen von #OPWheelie, aber natürlich habe ich noch was zu erzählen, denn ich kann mich über noch einen Fakt freuen, der nach der OP dazukam: Ich habe eine Leserin mehr! Aber nicht irgendeine, nein…es ist die Lieblingsärztin! 😊 Nach fast 4 Jahren des Bloggens und etlichen Texten über sie bzw. in welchen sie vorkommt, konnte ich mich einige Tage nach der OP dazu durchringen, ihr von justdisabled zu erzählen – und sie fand es so gar nicht schlimm, sie hat sogar schon anderen Menschen vom Blog erzählt. Und sagen wir mal so: Ich bin sehr glücklich damit. 😊
(Falls Sie das lesen: Danke für Ihre sehr coole Reaktion, die mir zeigte, dass meine Angst sehr unbegründet war. Ich hoffe, meine Texte gefallen Ihnen weiterhin. 😊)
Bis bald! Wheelie